Büchlein ♥

Zwei

Ich liege hier seit einer Stunde –ja, eine ganze Stunde schon liege ich hier auf dem Boden und tue nichts. Ich denke einfach nur nach über alles, über mein Leben, meine Freundinnen, meine Eltern, meinen Hund, meinen Bruder, meine Schule, meine guten Noten, meine schlechten Noten, meinen Ex-Freund, mein Zimmer. Ich habe eigentlich so vieles, und doch bin ich stets unzufrieden. Manchmal – so wie jetzt – überkommt mich einfach die Depression und die Frustration, und ich verfalle in Trance. Ich möchte am liebsten aus dem Fenster springen, Drogen nehmen, irgendetwas Aufregendes tun, um zu wissen, dass ich noch am Leben bin – aber nichts passiert, es ist nur still, so still. Oh und ich weine, weine, weine, weine immer weiter, bis keine Tränen mehr übrig sind, doch es ändert nichts, nicht verändert sich ich bin noch immer alleine.
Dann streite ich mit meiner Mutter, meinem Vater, meiner Schwester, bis ich mich dann glücklich und entspannt in meinem Zimmer einschließen kann, und wieder weinen, weinen, weinen kann, mit der Gewissheit, es allen wiedermal so schwer wie möglich gemacht zu haben.


Als ich nach Hause komme, muss ich meiner Mutter meine neueste Mathe-Note mitteilen, nur um mir wieder eine Flut von Worten anhören zu können. Weiß sie denn nicht, dass es mich genauso ärgert, dass ich genauso gern gute Noten hätte? Glaubt sie es macht mir Spaß, eine Woche lang jeden Nachmittag für Binomische Formeln, Terme und quadratische Gleichungen zu verschwenden, um dann mit einer dicken, roten Fünf alles zu Nichte zu machen? Ich will fliegen, fliegen, bis zum Himmel und noch weiter, rauf zu den Wolken, wo ich natürlich keine Höhenangst habe, und mich endlich mal ausruhen von allem. Ich will frei sein, ich will leben, ich will Spaß haben, ich will das Gewicht eines Jungen auf mir spüren, ich will mich in der weichen, wattigen Welt des Alkohols absenken – wie geleitet gehe ich zum Kühlschrank, und nehme irgendetwas heraus. Es ist eine Flasche, ich halte das kühle Glas an meine Wange und spüre, wie die prickelnde Kälte in mein Gehirn fließt. Meine Eltern sind im Garten, wahrscheinlich werden sie es gar nicht merken wenn ein Gösser weniger da ist. In meinem Zimmer lasse ich mich auf mein Bett fallen, ich öffne die Flasche und trinke Schluck für Schluck. Immer weiter, weiter, es schmeckt so widerlich bitter, oh ja, der bittere Geschmack des Lebens.
Wir versuchen immer glücklich zu sein
Oder nein, wohl eher glücklicher als die anderen.
Doch warum fällt es uns dann so schwer?
Ich weiß die Antwort nicht, wie auf so viele Fragen weiß ich keine Antwort.
Nach der gesamten Flasche ist mir schwindelig, ich stehe auf und auch wieder nicht, nach zurückfallen in die weichen Federn stemme ich mich mit den Ellenbogen hoch, und schaffe es, halbwegs aufrecht zu bleiben. Doch es ist kein gutes Gefühl, was mich da überkommt, wiedermal nicht das, was ich mir erhofft habe-
Und nun wird alles weiß, dann grau, dann fließt das Grau in Schwarz über.Ein schönes Farbspiel,
kommt es mir in den Sinn.
Ich ich falle, falle, falle
Und endlich fliege ich.
Jedoch nicht lange-
Und als ich mit einem dumpfen Klang auf dem Teppich ankomme, weiß ich, das ich mein Ziel erreicht habe.

1 Kommentar:

Lisa ♥ hat gesagt…

wow!! du kannst echt guut schreiben! :)) freu mich schon auf den nächsten Teil :-* <3